Liebe Gemeindeglieder,

dass Gott barmherzig ist – daran erinnert der lateinische Name dieses zweiten Sonntags in der Osterzeit, in der inzwischen sechsten Woche seit den Kontaktbeschränkungen.

Barmherzigkeit – das wünschen wir uns in einer Zeit, die in vielen Aspekten so gnadenlos erscheint. Der Virus, dieser „kleine König“, der unsere Tage wie Tyrann bestimmt, deckt gnadenlos die Fehler in unserem Gesundheitssystem auf, aber genauso in der Art, wie wir unterrichten, wie wir wirtschaften, wie wir Handel treiben; er entdeckt gnadenlos unsere Schwachstellen und legt den Finger in alle Wunden; er enthüllt alle Fehler der vergangenen Jahren, alles, was wir im Großen und Kleinen versäumt haben aufzubauen und vorzusorgen.

Demgegenüber stellt uns die Bibel den wahren König vor Augen – in Gestalt des guten Hirten, der sich über seine Herde erbarmt, der für sie sorgt und sie mit barmherziger Hand auf einen guten Weg führt. Der die finsteren Täler sicher an unserer Seite durchschreitet und weiß, welches Ziel er mit uns hat.

So lautet die Losung für diese Woche:

„Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“ (1. Petrus 1,3)

Zu diesem Hirten kommen wir jetzt. Wir feiern, dass er da ist, wir feiern diesen Gottesdienst

im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen.

 

Liedvorschlag: EG 288 Nun jauchzt dem Herren alle Welt

Alternativ: NL 87 Wiesen und Berge, Täler und Seen

 Psalm 23

 Gebet:

Dir wollen wir uns anvertrauen, himmlischer Vater,

heute und für alle Tage.

Dir wollen wir vertrauen

wie guten Eltern, die sich um uns sorgen,

wie einem guten Freund, der da ist für die Seinen,

wie einem guten Hirten, der das Verlorene sucht und heimholt.

Schenke uns Geborgenheit bei dir,

damit wir nicht zugrunde gehen, zu keiner Zeit,

sondern in deiner Hand bewahrt sind,

schon jetzt und in Ewigkeit.

In der Stille beten wir miteinander und füreinander.

Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Amen.

Schriftlesung: Johannes 20,19-29

Liedvorschlag: EG 274 Der Herr ist mein getreuer Hirt

Alternativ: NL 124 Du bist ein wunderbarer Hirt

 

Schäfer voraus – Predigt zu 1. Petrus 2,21b-25

 Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.

 Einen guten Hirten oder eine gute Schäferin – das kann jedes Volk gebrauchen. Wir sehen in Deutschland in diesen Wochen, dass die schlimmsten Befürchtungen nicht eintreffen. Wir können dankbar sein für alle Verantwortlichen, die versuchen, uns gut durch diese Krise zu lotsen.

Erleichtert sehen wir: Die Intensivbetten reichen noch, Kranke können versorgt werden. Wir sind sogar noch in der Lage, anderen Ländern zu helfen. Der Weg ist nicht einfach und es ist in vielem ein Tappen im Dunkeln, ein Ausprobieren Schritt für Schritt. Ab kommender Woche werden Masken unseren Alltag prägen, wie sie in grippe- und smoggeplagten asiatischen Ländern schon länger zum Standard gehören. Und es zeichnet sich immer mehr ab, dass uns diese Herausforderungen durch die Seuche noch über Monate begleiten werden.

Und selbstverständlich ist das alles nicht perfekt. Ich beneide niemanden, der jetzt so weitreichende Entscheidungen fällen muss, und natürlich geschehen dabei auch Fehler. Barmherzigkeit – so erinnert uns dieser Sonntag – brauche ich nicht nur für mich.

 

Petrus: vom Felsenmann zum Wackelpeter

Was jedoch das eigene Versagen angeht, war Petrus ein Experte. Jesus hatte ihn im Zwölferkreis in eine besondere Stellung gehoben. Er hatte Simon seinen neuen Namen gegeben. Er hatte ihn in Petrus, den Fels umgetauft. Ein Mann wie ein Fels in der Brandung – so hatte sich Petrus das wohl vorgestellt. Einer, der einen Plan hat, der für seine Ziele kämpft. Der die Krise meistert. Ein Dickkopf und Heißblut, der jedoch in den entscheidenden Stunden total versagte.

Der im Garten Gethsemane fast ein Blutbad angerichtet hatte, als er nach dem Knecht des Hohepriesters, Malchus, mit dem Schwert schlug. Der erst groß getönt hatte, dass er – komme, was wolle – an der Seite seines Herrn bleiben würde, um dann – natürlich nur aus taktischen Gründen – noch vor dem zweiten Hahnenschrei Jesus dreimal verleugnete. Der Felsenmann entpuppte sich als Wackelpeter.

Wer das Johannesevangelium aufmerksam liest, der entdeckt auch die gar nicht so unterschwellige Rivalität zwischen Petrus und Johannes, wie sie sich einen Wettlauf ans Grab liefern (Johannes 20,1-10). Und als Jesus Petrus wegen seines Versagens zur Rede stellt, kann dieser es nicht lassen, im Blick auf Johannes zu fragen: „Und was ist mit diesem?“ (Johannes 21,21).

Jesus nahm Petrus in eine harte Schule. Jesus hielt an seiner Berufung fest, er degradierte Petrus nicht als Versager. Er machte den Fischer nicht zur Schnecke, sondern zum Hirten.

Im heutigen Predigttext nimmt der 1. Petrusbrief uns mit in diesen Lernprozess – wie er den Weg zur Barmherzigkeit gefunden hat. Wir hören aus dem 2. Kapitel die Verse 21b bis 25. Dort schreibt Petrus an die Gemeinde:

Denn auch Christus hat für euch gelitten.

Er hat euch ein Beispiel gegeben,

damit ihr ihm in seiner Fußspur nachfolgt.

Er hat keine Schuld auf sich geladen

und aus seinem Mund kam nie ein unwahres Wort.

Wenn er beschimpft wurde,

gab er es nicht zurück.

Wenn er litt,

drohte er nicht mit Vergeltung.

Sondern er übergab seine Sache

dem gerechten Richter.

Er selbst hat unsere Sünde

mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Holz.

Dadurch sind wir für die Sünde tot

und können für die Gerechtigkeit leben.

Durch seine Wunden seid ihr geheilt.

Ihr wart wie Schafe,

die sich verirrt hatten.

Aber jetzt seid ihr

zu eurem Hirten und Beschützer* zurückgekehrt.

(*wörtlich: Bischof eurer Seelen)

Herr, segne dein Wort an deiner Gemeinde.

Der erste Petrusbrief richtet sich an Gemeinden, die unter Druck waren. Die römischen Behörden beobachteten die neue Bewegung voller Misstrauen. Manche Gemeindeglieder wurden enteignet, andere verhaftet, erste Gewalt breitete sich aus.

In unserem Zusammenhang spricht der Brief vor allem auch Sklaven an – Unfreie, die in den antiken Gesellschaften nicht als Menschen galten. „Menschenfüßler“ – so nannten die Griechen ihre Sklaven, im Unterschied zu den „Vierfüßlern“, den Nutztieren in Haus und Hof. Sklaven waren bessere Tiere, Eigentum, oft gepiesackt und ausgenutzt von ihren Herren, ein Leben, dessen Wert sich ausschließlich an seiner Arbeitskraft bemaß.

Wie sollten sie auf dieses Unrecht reagieren, auf die unwürdigen Bedingungen, unter den sie leben und arbeiten mussten? Petrus gibt ihnen einen Rat, der ihr Leiden nicht leichter macht, sondern ihnen umgekehrt noch mehr zumutet: Petrus stellt ihnen Christus als Vorbild vor Augen. Nachfolge heißt für Petrus auch an dieser Stelle, Christus nachzuahmen. Weil Christus gelitten hat, sollen seine Nachfolger sich auch auf das Leiden gefasst machen.

„Vermeidet Schuld und bleibt bei der Wahrheit – wie Christus“ – so könnte man seinen Rat übersetzen. Jesus behandelte selbst seine Feinde so, dass er in ihnen geliebte Kinder Gottes sah, die auf falschen Wegen unterwegs waren – und denen er diente, um sie als guter Hirte zurück auf den rechten Weg zu führen, zu einem Lebenswandel nach dem Willen des Vaters.

 

Wenn Nachfolge schwer fällt

Ich gestehe, dass mir das schwer fällt. Wenn ich beleidigt werde, wenn ich ungerecht behandelt werde – dann gibt manchmal ein scharfes Wort das andere, dann wird es laut und ungemütlich. Sanftmut und Demut – gerade bei den Menschen, die mir eigentlich am nächsten stehen, bleiben ganz große Lernfelder. Von wegen – „meine Demut ist mein ganzer Stolz“… Bürokratische Schikanen, wenn Gesetze höher geachtet werden als die Menschen, für die sie eigentlich ursprünglich gedacht waren, lassen mich zwischen Ohnmacht, Wut und Verzweiflung schwanken.

Ich leide unter Verletzungen durch andere – und dass Jesus diese Wunden heilt, kann ich als Theologe vielleicht erklären. Im Kopf weiß ich, dass auch die Schuld, die ein anderer mir zufügt, durch Jesu Tod am Kreuz vergeben ist und ich vergeben soll, wie mir vergeben ist. Mein Herz bleibt dennoch oft gekränkt, behält die Schuld der anderen im Gedächtnis und trägt sie manchmal jahrelang nach. Und es ist kein großer Trost, wenn ich sehe, dass es anderen offensichtlich genauso geht. Wenn ich in meinem Dienst Familien begegne, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten zerstritten sind, wenn alte Wunden ganz offensichtlich nicht verheilt sind. Wenn Menschen sich gnadenlos über Politikerinnen und Politiker äußern, über Vorgesetzte, Angestellte, Nachbarn und Verwandte.

Petrus scheint dagegen aus seinen Fehlern gelernt zu haben. Er scheint es gelernt zu haben, aus Barmherzigkeit zu leben und selbst barmherzig im Umgang mit anderen zu werden. Zu spüren, wo mein Herz mich in die Irre führt und zurückzukehren zum guten Hirten, zum wahren Bischof und Schäfer meiner Seele. Wegzublicken von dem, was mich festhalten will, und hinzuschauen zu dem, der einen guten Weg für mich hat.

Petrus scheint es mit der Zeit gelernt zu haben, die Stimme seines guten Hirten zu unterscheiden von den inneren Stimmen seines Herzens, die ihm ganz anderes einreden, die auch mir immer wieder einen anderen, schlechteren Rat geben wollen.

Petrus kannte den guten Hirten und seine Stimme persönlich, hat mit ihm gegessen und getrunken, war mit ihm unterwegs auf den Straßen Galiläas, in den Gassen Kapernaums, auf dem See Genezareth und im Tempel von Jerusalem. Hat seine Wunden gesehen und vielleicht wie Thomas auch gespürt.

Und er kannte das Aufatmen, wenn Schuld vergeben ist. Das Loslassen, wenn der Neid und die Angst zu groß und zu schwer werden. Die Beharrlichkeit, die darauf wartet, dass Gott selbst Recht schafft in einer Welt voller Unrecht.

Petrus ist überzeugt, dass dieser Weg weiterführt als alle Wege, die ich mir selbst aussuche – auch wenn es ein schwierigerer, schmaler und enger Weg ist, der mir mehr zumutet und mehr abverlangt.

Ich möchte es lernen, diesen Weg zu gehen. Dem guten Hirten hinterher.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,

bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Amen.

 

Liedvorschlag: EG 354 Ich habe nun den Grund gefunden

Alternativ: NL 28 Du hast Erbarmen

 

Fürbitten

 Himmlischer Vater,

du bist der gute Hirte.

Dir soll niemand verloren gehen.

Wir sind oft ungeschickt darin,

deine Liebe zu bezeugen und deine Botschaft ausbreiten

Doch weil du uns gesandt hast, darum bitten wir um deinen Geist und rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

 

Schenke uns für unseren Dienst den Geist der Liebe,

dass wir mit unserem Tun und Reden deiner Wahrheit den Weg bereiten

und Menschen, die die Orientierung verloren haben,

wieder einen Weg ins Leben finden.

Wir rufen dich an

R: Kyrie eleison.

 

Habe acht auf uns, wenn wir selbst uns verlieren

und hol uns heim in deine Gegenwart.

Und wo sich andere verlieren durch Lieblosigkeit,

durch Trägheit und verlöschende Hoffnung,

sende uns auf die Suche nach ihnen.

Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

 

Gib auf uns acht – auf Junge und Alte,

Besorgte und Lachende, Tätige und Gehinderte,

Lebensvolle und Sterbende – und verbinde uns untereinander

als Menschen, die getragen sind von dir.

Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

 

Wir bitten dich um Frieden

bei uns und durch uns

für unsere gefährdete Welt.

Lass uns deinem Versprechen glauben,

dass du bei uns bist.

Schenke uns Geborgenheit und hilf uns

zu vertrauen, was immer auch geschieht.

Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.

 

Mit den Worten, die er uns gelehrt hat,

rufen wir zu Dir:

Vater unser

 

Liedvorschlag: EG 391 Jesu, geh voran

Alternativ: FJ I, 235: Jesus, Dir nach, weil du rufst

 

Abkündigungen

 Alle Versammlungen mit über zwei Personen fallen bis vorläufig 15. Juni 2020 zum Schutz insbesondere der Risikogruppen aus. In den Gäufeldener Nachrichten und auf unserer Internetseite (http://www.evkirche-oeschelbronn.de) informieren wir Sie jeweils über die aktuellen Entwicklungen.

Wir ermutigen Sie: Halten Sie Kontakt in diesen Tagen – insbesondere per Telefon oder über die sozialen Medien.

Aber auch hier in Öschelbronn gibt es noch weitere Möglichkeiten:

Einladung zu Andacht und Fürbitte um 19.30 Uhr:

Auch nach Ostern läuten bis auf weiteres jeden Tag um 19.30 Uhr die Glocken. Sie laden ein zur Andacht und zum Gebet, insbesondere für die Pflegekräfte, für alle Verantwortungs- und Hoffnungsträger und für alle Erkrankten.

Anregungen zur Gestaltung sowie weitere geistliche Angebote und Impulse finden Sie auch auf unserer Internetseite www.evkirche-oeschelbronn.de

 

Teilen Sie mit uns Bilder der Hoffnung #coronacare

Die ersten Bilder der Hoffnung sind im Schaufenster des Gemeindezentrums zu besichtigen.

Wir freuen uns, wenn Sie uns per E-Mail einfach ein Foto von Ihrem Bild der Hoffnung senden – dann drucken wir es aus und hängen es in der Fensterfront im Gemeindezentrum auf. So entsteht eine kleine Galerie und gleichzeitig ein kleines Dorf-Memory: Wer findet die Originale?

Zwischen unseren Gäufeldener Ortschaften entsteht gerade eine neue Form der Verbundenheit: Bunte Steinschlangen machen sich auf den Weg, um eine Brücke zu schlagen. Wir laden Sie herzlich ein, sich daran zu beteiligen – und mit eigen gestalteten Steinen Brücken zu schlagen in einer Zeit, in der äußerer Abstand immer noch erforderlich ist.

 

Helfende Hände

Insbesondere Angehörige von Risikogruppen weisen wir auf die Aktion „Helfende Hände“ hin. Wenn Sie zu einer der Risikogruppen gehören und Hilfe insbesondere zum Einkaufen benötigen oder aber Hilfe anbieten können, können Sie sich von Montags bis Donnerstag von 10-12 Uhr unter der Telefonnummer 790 991 oder unter der E-Mail-Adresse helfendehaende@gaeufelden.de melden.

 

Das Gemeindebüro ist zunächst weiterhin bis 3. Mai für den Publikumsverkehr geschlossen. Pfarrer Holweger ist telefonisch unter der Nummer 71380 und per E-Mail unter pfarramt.oeschelbronn@elkw.de für Sie erreichbar.

 Bibeltext: BasisBibel. Neues Testament und Psalmen, © 2012 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Liedvorschlag: EG 574 Nichts soll dich ängsten /
Nada te turbe

 

Segen

Der Herr segne euch und behüte euch.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch und schenke euch Frieden.

Amen.